Lassen wir den Naturzustand zurück



Donnerstag, 17. Oktober 2013

Autor

Monika Wehrli / Julian Renninger

Zeichnen wir das Bild eines Zustandes, den es vor ferner Zeit zwischen den Menschen auf der Erde gegeben haben mag, und nennen wir dieses Bild den Naturzustand. Das Recht des Stärkeren herrscht. Das Leben ist geprägt von der ständigen Angst um das eigene Überleben. Notwendigerweise verwenden wir einen grossen Teil unserer Energie darauf, den Tag zu überstehen. Da es in der Natur notwendigerweise unterschiedliche Grade von Fähigkeiten und Fertigkeiten gibt, fristen die Unglücklicheren ein Leben in Zweitklassigkeit. Eine florierende Gesellschaft kann unter diesen Umständen nicht gedeihen.

Um den Naturzustand zu überwinden, und den Krieg aller gegen alle zu beenden, haben wir uns im Anschluss in einer Form von Gesellschaft zusammengefunden, wo gewisse Normen und Ideale vorherrschen und von allen Bürgern zu befolgen sind. Ich habe ein Interesse daran, dass mein Gegenüber auf sein Recht verzichtet, mich zu verletzen. Und dieses Interesse ist mir so viel wert, dass ich im Gegenzug bereit bin, meinerseits auf mein Anrecht zu verzichten, meinem Gegenüber Leid zuzufügen. So weit, so vernünftig.

In einer modernen Gesellschaft mit vorherrschenden rechtsstaatlichen Strukturen glauben wir den Naturzustand überwunden zu haben. Das Leben verläuft gesittet, die Gesellschaft versetzt durch harmonisches Streben die Grenzen des Möglichen immer weiter in die Ferne, und prosperiert wie nie zuvor.

Doch quasi durch die Hintertür droht der Naturzustand wieder ins Haus einzuziehen. Statt brachialer Muskelkraft hat sich ein neues Mittel etabliert, welches sich fortsetzende Kräfteungleichgewichte in anderer Form verkörpert: Geld. In einer Zeit, in der die Märkte in immer mehr Sphären des Lebens vordringen, und dabei vormals herrschende Normen untergraben und an ihrer Stelle die Normen des Marktes etablieren, entscheidet der Besitz oder Nicht-Besitz von finanzieller Macht darüber, welche Möglichkeiten einer Person in einer Gesellschaft offenstehen. Wenn zudem monetäre Mittel beinahe unbegrenzt fliessen können im Zuge der Liberalisierung der Finanzmärkte, so setzt sich, gestützt auf und kaschiert durch ein rechtsstaatliches System, das Recht des Stärkeren fort.

Um dieses Szenario zu verhindern, und je nach Perspektive eine gewisse Form von Gleichheit der Chancen unter uns Menschen zu garantieren, benötigen wir die Institution des Sozialstaats. Einkommens- und Vermögenspolitik, Sozialgesetzgebungen wie Arbeitnehmerschutz, eine breite Palette von Sozialversicherungen sowie soziale Arbeit zählen wir in der Schweiz zu den unabdingbaren Voraussetzungen für eine wohlbehaltene Gesellschaft. Die reiche Sozialgeschichte der Schweiz, mit einem geschichtlich gewachsenen Komplex des Sozialstaats, zeigt: Was langsam gedeiht, wird endlich gut. Es waren keine Hauruck-Manöver oder geniale Erfindungen, welche den heutigen Zustand herbeigeführt haben, sondern beständiges Abwägen, Mehrheiten finden, sowohl Ausbauen als auch Konsolidieren.

Auf diese Gedanken sollten all jene ihren Geist richten, die im Zuge populistischer Sozialpolitik von radikalem Abbau des Sozialstaats sprechen. Natürlich ist diese Institution nicht fehlerfrei, immerhin ist sie Mensch-gemacht. Und doch trägt sie dazu bei, einen gesellschaftlichen Zustand aufrecht zu erhalten, über den wir nicht mehr zurückgehen möchten.

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